Editorial
Das Sommerloch

von Karl Mueller

7-8/11

trend
onlinezeitung

Rund 40 Leute kamen am 22. Juni 2011 zum TREND teach-in "Klasse & Partei" in die Berliner Mediengalerie. um sich die Referate von Michael Schilwa und Karl-Heinz Schubert anzuhören. Die Junge Welt berichtete zwei Tage später darüber und titelte: Kontrovers, aber erfrischend. Diesem Eindruck widersprachen GenossInnen, mit denen ich mich nach der Veranstaltung unterhielt. Sie fanden, dass sich die Positionen von Schilwa (Sozialistischen Initiative Berlin-Schöneberg) und Schubert (TREND) nicht miteinander vermittelten, weil Schilwa in der Diskussion den Zusammenhang von Theorie und Praxis, den Schubert als zentrales Problem der Gründung einer antikapitalistischen Organisation mehrfach hervorhob, konsequent ignorierte.

Die  Adressaten von Schilwas Vortrag waren ganz offensichtlich seine trotzkistischen MitstreiterInnen aus der SAV sowie andere trotzkistische Grüppchen bzw. solche, die mit dem Trotzkismus sympathisieren.. Zwar stimmte Lucy Redler (SAV-Spitzenfunktionärin) auf der Veranstaltung mit Karl-heinz Schubert darin überein, dass es keine subjektiven Voraussetzungen für eine revolutionär-proletarische Partei zur Zeit in der BRD gäbe. Jedoch argumentierte sie völlig anders. Sie sah nämlich die radikale Linke in der Linkspartei gut aufgehoben, da sei man ja bei den Massen. Dass die revolutionäre Linke keinerlei programmatischen Grundlage habe, wie dagegen Schubert argumentierte, war für sie und die anderen TrotzkistInnen ohne Belang.

In der monatlichen TREND-Beiratsitzung am 26.6.2011 stellte man daher bei der Auswertung der Veranstaltung fest, dass die Schöneberger Initiative offensichtlich einen Sammelversuch fürs eigene trotzkistische Spektrum darstellt, wo es ja bekanntlich mehr Gruppen, Projekte, Zirkel und Internetpräsenzen gibt, als ein Hund Flöhe haben kann. Der Beirat entschied sich dennoch, die Debatte um den Schöneberger Vorschlag weiterhin aufmerksam publizistisch zu begleiten - getragen von der Hoffnung, dass die Debatte zur Erosion der trotzkistischen Traditions- und Brauchtumspflege führt, so wie viele maoistische MLerInnen sich beim Auseinanderfallen ihrer Organisationen in den 80er gezwungen sahen grundlegend Bilanz zu ziehen und sich durch Hinwendung zu den tatsächlichen Klassenverhältnissen ideologisch zu öffnen.

Gegenwärtig sieht es so aus, dass die Debatte selbst in trotzkistischen Kreisen nur schleppend vorankommt, wenn man als Indikator die Debattenseite der Gruppe im Vergleich zu den Annahmen in ihrem Papier nimmt.

Am Sommerloch dürfte es nicht liegen. Denn aus unserem AutorInnenspektrum wurden allein zwei umfassende Papiere vorgelegt, die von guten Argumenten getragen sind..

Robert Schlosser formuliert z.B. gegen die Schöneberger Phrase vom "revolutionären Bruch":

"Ein neues „Konzept des revolutionären Bruchs“ kann aus meiner Sicht überhaupt nur durch ebenso kritische wie würdigende Überwindung des Konzepts des Bolschewiki erarbeitet und zur Erfolg versprechenden Grundlage einer neuen antikapitalistischen Organisation werden. Gelingt das nicht, dann ist eine solche „neue“ Organisation, von Anfang an ein tot geborenes Kind."

Meinhard Creydt stellt im Hinblick auf die so genannten "unverhandelbaren Punkte" trefflich fest:

"Es kann nicht darum gehen, wie Prütz u. a. vorschlagen, mit einem Katalog von „unverhandelbaren Punkten“ Gruppen zu sichten: Wie halten es die Kandidaten z. B. mit der „Einheitsfront-Methode“ – also einem der fünf „unverhandelbaren Punkte“ der Initiative? Der Nutzen des Papiers von Prütz u. a. ist die Radikalisierung von in der Linken weit verbreiteten Fehlern zur realsatirischen Kenntlichkeit. Positive praktische Impulse werden von der Schöneberger Initiative nicht ausgehen. Einer linken Politik, die der Wirklichkeit gewachsen ist, geht es darum, aus der Praxis von Gruppen und den mit ihr verbundenen Fragen Möglichkeiten der Kooperation auszuloten („fragend gehen wir voran“)."

Bleibt nur zu hoffen, dass unsere SchönebergerInnen die Artikel lesen und das Sommerloch nutzen, um sich einmal wirklich inhaltlich solcher grundsätzlichen Kritik zu stellen, anstatt sich nur Claqueure aus den Nischen in und entlang der Linkspartei zu suchen. Allein das wäre ein Gewinn für die linke politische Kultur in unseren Breitengraden.

Wir vom TREND werden das Sommerloch zum Zwecke der Erholung nutzen und uns dafür wieder ein wenig Luft mit einer Doppelnummer verschaffen. Entsprechende Urlaubsorte sind ins Visier genommen. Auf Pannen bei der Anreise sind wir wie bei der Zeitungsproduktion wie immer gut vorbereitet.

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