trend spezial: Die Debatte über die LL(L)-Demos am 13.1.2013 in Berlin
“Rosa&Karl” zwischen Tradition und Moderne
Ein Gespräch mit Sebastian Lucke

des Web-Projekts "Freiheitsliebe"

01-2013

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onlinezeitung

Die Linksjugend ['solid] unterstützt dieses Jahr zum ersten mal eine andere Gegendemonstration für Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht, als die traditionelle LL-Demo. Wir sprachen mit dem Bundessprecher der Linksjugend, Sebastian Lucke, über Jusos, Krieg und Frieden und traditioneles und modernes Gedenken.

Die Freiheitsliebe: In etwas mehr als einem Monat wird Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht gedacht. Die Linksjugend ['solid] unterstützt dieses Mal den Aufruf des Bündnis “Rosa&Karl”, wie ist es dazu gekommen?

Sebastian Lucke: er Bundeskongress hat beschlossen, dass wir uns dem Gedenken an Rosa und Karl anschließen, einen Arbeitskreis und auf der LL-Demo einen Jugendblock bilden. Die Verfasser dieses Antrags, die vornehmlich aus Brandenburg und Berlin kamen, haben entschieden aus dem Arbeitskreis zugehen und eine eigene Sache aufzuziehen, das ist über mehrere Schritte in das “Rosa&Karl”-Bündnis übergegangen. Das Bündnis hat uns als BundesprecherInnenrat gefragt, ob wir das Bündnis unterstützen würden.

In der Nr. 12/2012 erschienene Stellungnahmen und Kommentare:

Die Freiheitsliebe: In etwas mehr als einem Monat wird Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht gedacht. Die Linksjugend ['solid] unterstützt dieses Mal den Aufruf des Bündnis “Rosa&Karl”, wie ist es dazu gekommen?

Sebastian Lucke: er Bundeskongress hat beschlossen, dass wir uns dem Gedenken an Rosa und Karl anschließen, einen Arbeitskreis und auf der LL-Demo einen Jugendblock bilden. Die Verfasser dieses Antrags, die vornehmlich aus Brandenburg und Berlin kamen, haben entschieden aus dem Arbeitskreis zugehen und eine eigene Sache aufzuziehen, das ist über mehrere Schritte in das “Rosa&Karl”-Bündnis übergegangen. Das Bündnis hat uns als BundesprecherInnenrat gefragt, ob wir das Bündnis unterstützen würden.

Die Freiheitsliebe: War die Position im BundessprecherInnenrat einheitlich?

Sebastian Lucke: Die Mehrheit hat sich für die Demo ausgesprochen, es gab 2 Enthaltungen, 2 Gegenstimmen, soweit ich mich erinnern kann.

Die Freiheitsliebe: Was sprach denn aus eurer Sicht dafür ein anderes Bündnis zu unterstützen?

Sebastian Lucke: Es ist erstmal grundsätzlich wichtig das Gedenken an Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht zu unterstützen. Aus meiner persönlichen Sicht sprach dafür, dass die alte Demo eine Gegebenheit aus der Zeit der Vereinigung der BRD und der DDR ist, bei der alle Linken zusammengekommen sind und gemeinsam demonstriert haben. In den letzten Jahren hat die Zahl der Gruppen zugenommen, die eine sehr eingeschränkte Sicht auf den Sozialismus haben, vor allem maoistische und stalinistische Gruppen haben. Uns als emanzipatorischem Jugendverband widerspricht diese Position. Es ist gut, dass sich ein alternatives Bündnis gegründet hat und einen Bruch versucht mit Leuten, die eine autoritäre Sichtweise auf den Sozialismus haben. Es gibt in Deutschland auch keine einheitliche Linke, es gibt verschiedene Strömungen und Sichtweisen. Es ist keine Spaltung, sondern eine Ergänzung dieses Gedenkens. Unsere Vorstellung von Sozialismus steht einem Sozialismusverständnis entgegen, dass eine einseitige nicht offene Denkweise fordert. Wir sind für einen emanzipatorischen Sozialismus, der sich ganz klar von einem nicht-freiheitlichen Sozialismus abgrenzt.

Die Freiheitsliebe: Wird die Meinungsfreiheit und der Pluralismus nicht beschädigt, indem man ein Bündnis gründet, dass sich für Meinungsfreiheit und Pluralismus ausspricht, aber Gruppen, die sich maoistisch und stalinistisch-verorten ausgrenzt?

Sebastian Lucke: Es steht jedem frei an diesem alternativen Bündnis teilzunehmen, dass werden die Gruppen die im traditionellen Bündnis sind nicht machen. Es ist aus meiner Sicht aber keine Schwächung, sondern eine Akzentsetzung, wenn wir sagen, wir wollen mit den Leuten die bestimmten altgebackenen Vorstellung anhängen nicht gemeinsam gedenken, sondern ein eigenes Gedenken. Wir wollen die Ideale von Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht aufrecht erhalten, deren Kampf für Freiheit, Gleichheit und Emanzipation. Das aber auch in einer anderen Form umsetzen, mit Musik und Theatern, eine Form die Jugendliche eher anspricht. Ich denke das Jugendliche von der alten Form des Gedenkens mit roten Fahnen und den Bildern von fragwürdigen Personen eher abgeschreckt sind.

Die Freiheitsliebe: Die Perspektive der Abschreckung mag sicher nachvollziehbar klingen, die Aufteilung in zwei Bündnisse scheint aber zu aller erst wie eine Schwächung der linken Bewegung. Bei Antinazidemos blockieren wir auch alle gemeinsam, wieso ist es bei dieser Demo nicht möglich gemeinsam zu agieren?

Sebastian Lucke: Antifademos und Gedenken kann man nicht wirklich gleichsetzen. Wenn ich mir das Bündnis über die Jahre anschaue, wenn ich sehe, dass dort kein kritisches Gedenken vorherrscht, kann ich das alternative Bündnis verstehen. Es ist keine Spaltung, es ist ein Statement, dass man sich für eine emanzipatorischen und freiheitlichen Sozialismus einsetzt, der sich von den althergebrachten Perspektiven abhebt.

Die Freiheitsliebe: Du sprichst von freiheitlichem Sozialismus, ist es dann nicht eher merkwürdig, wenn man mit dem DGB und den Jusos gemeinsam demonstriert?

Sebastian Lucke: Die Jusos sind kein einheitlicher Block, es gibt linke und rechte Jusos und besonders der Berliner Landesverband wirkt sehr emanzipatorisch. Gerade In Berlin ist die Diskussion eine besondere. Ich kann daher mit diesem Bündnis aus DGB-Jugend und Jusos sehr gut leben. Die historische Verantwortung der SPD gibt es natürlich, die will ich gar nicht bestreiten, die gehört genauso zur Geschichte wie das Scheitern des realexistierenden Sozialismus. Die Berliner Jusos haben sich klar zur historischen Verantwortung positioniert und vom Verhalten ihrer Mutterpartei distanziert.

Die Freiheitsliebe: Als Webseite haben wir uns auch schon mit den Berliner Jusos beschäftigt, allerdings sind sie uns weniger positiv aufgefallen, da ausgerechnet der Berliner Landesverband der Jusos einen Angriffskrieg gegen den Iran unterstützen würde, wenn Israel diesen durchführen will. Ist es nicht sehr merkwürdig ausgerechnet mit diesem Landesverband zu demonstrieren, deren Inhalte sich so klar von denen von Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht unterscheiden?

Sebastian Lucke: Das ist mir bisher gar nicht bekannt, in diesem Punkt kann ich mich nur auf das beziehen, was ich über das Bündnis weiß.

Die Freiheitsliebe: Es fällt bei dem Aufruf auch auf, dass zwar viel an Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht gedacht werden soll, aber wenig darüber gesprochen wird, wie mit ihren antiimperialistischen und antimilitaristischen Positionen umgegangen wird. Kann ihre Politik von diesem Bündnis überhaupt getragen werden?

Sebastian Lucke: Die Frage von Krieg ist natürlich immer zentral. wenn ich deine vorherige Frage betrachte, ist das natürlich ein berechtigter Kritikpunkt, der angesprochen werden muss. Genauso finde ich bestimmte Passagen im traditionellen Aufruf für diskussionswürdig. Die Frage was man in einen Aufruf packt, verursacht generell Diskussionen. Bei einer konkreten Demonstration gegen einen Angriffskrieg auf den Iran kann man das deutlicher besser darstellen, ob das bei einem so breiten Bündnis innerhalb einer Gedenkdemo geht, kann ich so pauschal nicht sagen.

Die Freiheitsliebe: Antimilitarismus und Antiimperialismus waren maßgeblich Gründe aus denen sich Rosa und Karl von der SPD distanziert haben, plant die Linksjugend ['solid] etwas zu diesen Themen?

Sebastian Lucke: Wir haben auf der alternativen Demo die Möglichkeit eine Rede zu halten, haben uns aber noch nicht entschieden zwischen den Themen Feminismus und Antimilitarismus/-imperialismus, wenn es zweiteres wird, dann wird natürlich die Verbandsposition deutlich gemacht.

Die Freiheitsliebe: Außer euch scheinen einzig die Jung Demokraten/Junge Linke eine Perspektive abseits des heutigen Systems zu haben. Wie geht ihr damit um, dass Jusos und DGB-Jugend mitdemonstrieren, in deren Mutterorganisation nicht mal Privatisierungen wirklich abgelehnt werden?

Sebastian Lucke: Es ist wichtig, dass wir nicht nur auf unseren Idealen beharren, sondern auch Vordenker sind. Besonders diejenigen in den Jugendorganisationen, die in ihrer Gesamtheit auch progressiver sind, vor uns herzutreiben und ganz klar Positionen zu vertreten, die gegen Krieg und Sozialabbau sind. Unsere Unterstützung ist eine ganz klare Bereicherung durch unsere antikapitalistische Position, ich sehe dies daher nicht als Widerspruch. Ich denke abschließend, dass wir beim alternativen Bündnis besser aufgehoben sind als in einem stark-autoritärem Lager, mit Maoisten und Stalinisten. Es ist aber auch nicht so, dass der BSPR einseitig dieses Bündnis unterstützt, sondern wir alle Demos und Veranstaltungen bewerben. Auch auf der traditionellen Demo wird es einen starken Jugendblock geben, den wir auch unterstützen. Wir sind uns auch der Bandbreite und dem Pluralismus im Verband bewusst und fahren daher eine sehr breite Strategie und lassen nichts hinten runterfallen. Die Situation ist daher auch nicht so einfach, wie das manche Medien sehen.

Die Freiheitsliebe: Wir danken dir für dieses Interview!

Editorische Hinweise

Wir spiegelten das Interviews von der Website "Freiheitsliebe".

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