Bernard Schmid  berichtet aus Frankreich

Die Katze ist aus dem Sack (Teil 13)
Arbeitsrechts-„Reform“ unter Emmanuel Macron.

10/2017

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onlinezeitung

Stand: Freitag, 13. Oktober 2017

Nun unterstützt auch die Union syndicale Solidaires den nächsten Aktionstag gegen die Arbeitsrechts„reform“, zu dem ursprünglich nur die CGT aufrief – Hin & Her bei den Umfragewerten für Emmanuel Macron; diese scheinen leicht zu steigen, widerspiegeln jedoch vor allem die wachsende Unterstützung des konservativen Teils der Gesellschaft für Macron – 41 Festnahmen bei Aktion gegen eine Zusammenkunft von Managern und Unternehmern mit Regierungsvertreter/inne/n zum Thema Arbeitsrechts„reform“

Am Montag Abend (09. Oktober) trafen sich – wir berichteten, vgl. Teil 12 - die Vorstände der verschiedenen französischen Gewerkschaftsdachverbände und –zusammenschlüsse. Diese konnten sich jedoch nicht auf einen gemeinsamen Aufruf für einen neuen Protesttermin zur Arbeitsrechts„reform“ einigen. Die CGT rief daraufhin, zunächst im Alleingang, zu einem neuen gewerkschaftlichen Aktionstag gegen diese „Reform“ am Donnerstag, den 19. Oktober 17 auf. Inzwischen ruft auch der linksgewerkschaftliche Zusammenschluss Union syndicale Solidaires mit zum 19. Oktober auf; vgl. http://www.lefigaro.fr/ )

Diese neue Mobilisierung erfolgt kurz nach einem erfolgreichen gewerkschaftlichen Aktions- und Protesttag in den öffentlichen Diensten am Dienstag dieser Woche (10. Oktober 17). An ihm nahmen laut Zahlen des Innenministeriums „209.000“ – kein Tippfehler: „209.000“, nicht 200.000 – und laut Angaben der CGT „400.000“ Menschen auf den französischen Straßen teil.

Unterdessen störten am Donnerstag, den 12. Oktober 17 Aktivist/inn/en der sozialen Bewegung und einige Linke eine Zusammenkunft von DRH (Personaldirektoren, Personalabteilungs-Leiter/innen, Arbeitsdirektor/inn/en) französischer Unternehmen mit Regierungsvertreter/inne/n. Diese sollte diskret versteckt in Räumlichkeiten im Pariser Stadtwald Bois de Boulogne stattfanden. Dazu kursierte im Vorfeld ein Aufruf, welcher – nicht gar so diskret, und vielleicht etwas martialisch – verkündete: „Die Jagd auf die DRH ist eröffnet!“ Er mobilisierte vor allem Menschen aus dem linksradikalen Spektrum. Es kam zu Scharmützeln mit der Polizei; es sollen auch drei Kisten gebrannt haben (...solche auf vier Rädern). 41 Menschen wurden wegen „Teilnahme an einer unangemeldeten Demonstration“ vorübergehend festgenommen. Unter ihnen wurden fünf Menschen in verlängerten Polizeigewahrsam genommen. (( Vgl. dazu in etablierten Medien: http://actu.orange.fr/ und http://www.lefigaro.fr/ sowie http://www.huffingtonpost.fr ))

Wirkungslos blieb dieser Protest insofern nicht, als Arbeitsministerin Muriel Pénicaud – vormalige DRH beim Nahrungsmittelkonzern Danone in den Jahren 2008 bis 14 – ihren Auftritt bei der illustren Runde absagte. Dort hätte sie ursprünglich die laufende Arbeitsrechts„reform“ erläutern sollen. Offiziell hat ihre Absage „Terminkalendergründe“ und nichts mit dem befürchteten Protest zu tun.

An diesem Freitag Vormittag (13.10.17) versammelt unterdessen Staatspräsident Emmanuel Macron einige Spitzenvertreter/innen von Arbeit„geber“lager und Gewerkschaften um sich, um bereits die nächste größere „Reform“ zu lancieren: Jene der Arbeitslosenversicherung, die nun für 2018 geplant ist. // Vgl. http://www.lefigaro.fr/// In ihr steckt ein enormes Konfliktpotenzial; wir werden an dieser Stelle darauf zurückkommen.

Die Popularitätswerte von Präsident Emmanuel Macron, fünf Monate nach seiner Wahl, ergeben unterdessen ein kontrastreiches Bild.

Zwar schienen sie nach einem starken Sommertief, bei dem Macron sogar die Rekord-Unpopularität seines Vorgängers François Hollande ein- und überholte // http://www.sudouest.fr//, seit September d.J. wieder leicht anzusteigen. // http://www.huffingtonpost.fr/ // Dies verdankte Macron jedoch vor allem einer stärkeren Verankerung unter konservativen Wählerinnen und Wählern. Also einer wachsenden Zustimmung seitens von vormaligen Wähler/inne/n des konservativen und ultrahart wirtschaftsliberalen Präsidentschaftskandidaten François Fillon, welcher bei der Wahl im April 2017 scheiterte und sich zuvor explizit auf Margaret Thatcher als Modell in der Sozial- und Wirtschaftspolitik bezogen hatte. Sozial unzufriedene Teile der Gesellschaft wandten sich hingegen verstärkt von Emmanuel Macron ab, welcher sich insgesamt auf rund ein Drittel der Gesellschaft stützen kann. Seine Präsidentschaft polarisiert also stärker als zu Anfang, und stützt sich nunmehr klarer als zuvor auf den rechten Flügel der Gesellschaft.

Soziale Frage entscheidend“

Anfang Oktober d.J. verschlechterten sich Macrons Beliebtheitswerte jedoch in vielen Befragungen erneut. // http://www.lefigaro.fr/ // Der Generaldirektor des demoskopischen Instituts Kantar Sofres erklärte unterdessen gegenüber der konservativen Tageszeitung Le Figaro, dass vor allem „die soziale Frage“ entscheidend für die Kurve von Macrons Popularitätswerten sei. // http://www.lefigaro.fr/// Dies ist zweifellos richtig. Erwähnung finden sollte jedoch daneben auch, dass das Institut Kantar Sofres – hervorgegangen aus einer Holding mit qatarischem Kapital, die das französische Institut Sofres aufkaufte – einen Stiefsohn von Emmanuel Macron als Vize-Chef hat. // http://www.voici.fr//

Zwar dementieren die Meinungsforscher dieses und anderer Institute eifrig jeglichen Einfluss dieser Tatsache auf ihre Arbeit // http://www.planet.fr/ //. Das Misstrauen über alle Macron betreffenden Umfragen ist jedoch gesät, und findet vor allem auf Blogs // http://lepeuple.be/macron-famille-copains/81870 // sowie in den sozialen Medien Ausdruck. Und dies nicht nur bei ausgemachten Rechtsextremen wie // http://www.pourlesnotres.fr //. Die etablierten Medien, wie die beiden privaten Fernsehsender TF1 und RTL, stärken dem Institut jedoch den Rücken // https://www.groupeonepoint.com/ //.

Editorische Hinweise

Den Artikel erhielten wir vom Autor für diese Ausgabe.