Editorial
Wir waren schon mal weiter


von Karl Mueller

11/11

trend
onlinezeitung

Das letzte Editorial titelte "Weiter geht's".

Und - stimmt das im Hinblick auf die Gründung einer "neuen antikapitalistischen Organisation"

Auf den ersten Blick schon. Nehmen wir nur als ein Indiz die Veranstaltung mit Robert Schlosser am 15. Oktober 2011 in Köln, worüber als Berichterstatter Frank Braun vermerkt: "

Robert Schlosser und andere haben mit ihrer Kritik am SIB-Papier eine Akzentuierung der Initiative eingefordert, die mehr programmatisch orientiert ist. Der Nachmittag in Köln hat gezeigt, dass diese Forderung zu recht gestellt wird."

TREND wird versuchen, die Tendenzen der Debatte über eine "neue antikapitalistische Organisation", die in Richtung programmatische Grundlagen verweisen, zu stärken. Wir werden daher ab 17.November 2011 eine Gesprächsreihe auflegen, die - bestehend aus mehreren einzelnen Gesprächsrunden - die Versuche der SIB, die Gründung einer antikapitalistischen Organisation voranzutreiben, in diesem Sinne kritisch begleitet.

Obwohl uns Meinhard Creydt mit seiner Direktheit, wie er die SIB-Initiative polemisch attackiert,  bisweilen einen Aha-Erlebniss bereitet hat - gerade wenn er gegen das Vergessen anschreibt, so gilt besonders für seinen in dieser Ausgabe veröffentlichten Artikel, dass er das, was sich in der aktuellen Organisationsdebatte gleichzeitig an positiven Überlegungen nun mitentwickelt (Stichwort "Bochumer Programm") überhaupt nicht würdigt bzw. einfach übergeht.

Und wenn wir schon beim Thema Vergangenheitsbetrachtungen sind, dann sei es gestattet, an den "Beilagenkreis" zu erinnern. Dieses wirklich strömungsübergreifende Bündnis* (dessen Breite wurde seitdem nie mehr erreicht)  gab zwischen Mai 1984 bis ca. 1989 die so genannte "Gemeinsame Beilage" heraus. In ihr sollten sowohl Fragen der politischen Alltagspraxis als auch Prinzipienfragen in solidarischer Weise und mit dem Ziel der Vereinheitlichung in einer Organisation revolutionärer SozialistInnen behandelt werden. Die Zeitung hieß deshalb "Beilage", weil sich alle an der Debatte teilnehmenden Organisationen verpflichteten, diese Zeitung nicht nur zu finanzieren und mit einer gemeinsamen Redaktion zu besetzen, sondern sie allen Mitgliedern und SympathisantInnen ihrer jeweiligen Organisation zur Diskussion zur Verfügung zu stellen, indem diese "Gemeinsame Beilage" den zentralen Organen der Gruppen im wahrsten Sinne des Wortes beigelegt wurde. 

Der Anspruch war also hoch und das Ende dagegen kläglich. Eine nähere Betrachtung würde jedoch den Rahmen des Editorials sprengen. Eine Beschäftigung mit diesem Teil unserer linksradikalen Vergangenheit könnte allerdings durchaus "zielführend" (SIB-Jargon) für deren neues Vereinheitlichungsprojekt sein.

Jedenfalls waren wir schon mal weiter.

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Wenn TREND nun auf programmatische Aspekte verstärkter focussiert, dann muss sich das auch in den jeweiligen Texten einer Ausgabe widerspiegeln. Im September 2011 erweiterten wir daher den Blick auf die Frage der klassenpolitischen Untersuchungen, indem wir ältere Texte wieder ausgruben, die für die damaligen Klassenauseinandersetzungen einen ziemlichen Stellenwert hatten. In dieser Ausgabe nehmen wir Bezug auf Robert Schlossers Verweis auf Jugoslawien und präsentieren drei Texte zur Frage der "Arbeiterselbstverwaltung". Uns geht es vor allem in Sachen "Selbstverwaltung" darum aufzuzeigen, dass die konkreten Formen den damaligen Klassen- und Eigentumsverhältnissen geschuldet waren. Was im Umkehrfall bedeutet, dass dieses jugoslawische Modell auf die spätkapitalistischen Metropolen so nicht zu übertragen ist.

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Obwohl wir in Sachen Kritische Theorie eher leidenschaftslos sind - milde formuliert, haben wir in diese Ausgabe einen Text von Adorno über das Verhältnis von  Soziologie und empirische Forschung aufgenommen. Sein Essay endet mit dem Satz "werden also bloß die Fakten reproduziert, so ist solche Reproduktion zugleich die Verfälschung der Fakten zur Ideologie". Diesen zitieren wir hier als eine Art methodischer Botschaft an die derzeit laufende Debatte um die antikapitalistische Organisationsgründung. Linke - d.h. auf das Proletariat als historisches Subjekt bezogene - Politik verstand sich bisher im klassischen Sinne als wissenschaftlich fundiert.  Hiervon ist derzeit noch herzlich wenig zu verspüren. Es überwiegt der Voluntarismus, der sich aus unbegriffener Klassenwirklichkeit nährt.

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Einzelne Personen aus und beim TREND-Projekt haben sich in den letzten Wochen mehrmals getroffen, um in 2011 noch ein weiteres (3.) TREND Teach-in zu organisieren, welches am 17. Dezember 2011 im Berlin-Kreuzberger Mehringhof stattfinden wird. Zur Zeit steht die Veranstaltung unter dem Arbeitstitel "Rechtspopulismus und die Linke". In welche politisch-ideologische Richtung die Veranstaltung zielen wird, kann in dem gespiegelten ak-Artikel von Gerhard Hanloser Paranoide Weltbilder nachgelesen werden, der auf dem TREND Teach-in referieren wird. Als weitere Referenten haben zugesagt: Attila Steinberger (Publizist), Georg Klauda (Soziologe) und Bernard Schmid (Jurist,TREND-Autor) - weitere Infos folgen.

*) Die hier gelisteten Gruppen und Organisationen waren nicht alle gleichzeitig, sondern in verschiedenen Phasen  Herausgeber der "Beilage": Bund Westdeutscher Kommunisten (BWK), Köln; Freie Arbeiter Union (Anarchisten) Heidelberg (FAU/A); Freie Arbeiter Union / Rätekommunisten (FAU/R), Hamburg; Kommunistische Partei Deutschlands (Marxisten-Leninisten) KPD, Dortmund; Anarchistische Föderation Südbayern (AFSB), München; Kommunistische Gruppen (NHT) (KG (NHT)), Gelsenkirchen; Anarchistische Arbeiter-Union (AAU), München; Gruppe Internationaler Marxisten (GIM) Deutsche Sektion der IV. Internationale, Frankfurt a.M.; Vereinigte Sozialistische Partei (VSP), Köln; Gruppe Junger Anarchisten / Rätekommunisten (GJA/R), Hamburg; Internationalismusgruppe, Hamburg; Münchner Anarchistische Fraktion in den Autonomen (M.a.F.i.A.), München; Pan Africanist Congrss of Aziania (PAC), Dortmund; Arbeitsgemeinschaft gegen reaktionäre Gesundheitspolitik (AGG), Hannover; Freunde des Kurdischen Volkes, Hamburg; Volksfront gegen Reaktion, Faschismus und Krieg, Köln; Arbeitsgemeinschaft für Kommunalpolitik, Köln; Arbeitsgemeinschaft Stahl- und Metallindustrie (AGM), Augsburg; Arbeitsgemeinschaft Beschäftigte im Dienstleistungsgewerbe (AGD), Langen; Arbeitsgemeinschaft Jugend / Militär / Gefängnisse in der Volksfront (AGJ), Hamburg; Internationalismusgruppe, Hannover; AK Kurdistan, München; Kurdistan Report. Organ der Europavertretung der Nationalen Befreiungsfront Kurdistan, Köln (Quelle: Datenbank des deutschsprachigen Anarchismus - DadA)

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