Editorial
Strömungsübergreifend

von Karl Mueller

01/11

trend
onlinezeitung

2010 war ohne Übertreibung das aktivste Jahr seit Bestehen von TREND. 14 Filmveranstaltungen und vier Diskussions- und Informationsveranstaltungen konnten durchgeführt werden. Oder anders. Gut 300 Menschen erreichten wir in der Region Berlin persönlich mit unseren Ansichten und Standpunkten.

Das wäre nicht möglich gewesen, wenn sich nicht im Laufe des Jahres der politische Beirat zu einem kontinuierlich arbeitenden Kreis entwickelt hätte. Dank dieses Kreises wird es möglich, am 21./22. Januar zwei Veranstaltungstage anlässlich des 15. Geburtstags von TREND nicht nur mit Berliner ReferentInnen - sondern auch mit Genossen aus Paris, Bochum und Oldenburg - durchzuführen. 


1997 - Plakatwerbung zum 1. Geburtstag von TREND

Als wir Herausgeber infolge des Crashs des "Partisan.net" auch unsere Onlinezeitung neu strukturieren mussten, formulierten wir schließlich 2005 im Hinblick auf unsere publizistischen Grundsätze:

"Heute ist der TREND hauptseitig ein Theorieorgan für linke Politik. dh. in Umkehrung der Ausgangsituation von 1996 stehen nun statt aktueller Berichterstattung theoretische Texte im Vordergrund. Die Textauswahl erfolgt strömungsübergreifend, damit von herrschenden Meinungen abweichende sozialemanzipatorische Ansichten eine Internetplattform erhalten. Hintergründe und Gegenstandpunkte zu veröffentlichen ist ein Markenzeichen des TREND. Die konkrete Utopie einer Gesellschaft jenseits von Ausbeutung und Unterdrückung und die Befreiung aus der selbst verschuldeten Unmündigkeit sind daher Ziel und Inhalt unserer journalistischen Praxis."

Den Anspruch ein strömungsübergreifendes Konzept zu verwirklichen und gleichzeitig als Herausgeber eine eigene, von etlichen Artikeln unterschiedene und kritische Position zu haben, war und ist nicht immer einfach durchzuhalten (*) und  gegenüber SektiererInnen schwer zu vermitteln(**).

In der Vorbereitung unserer "Geburtstagsfeier" kam es darüber unter den Herausgebern zu einer Debatte, die erfreulicherweise dazu führte, dass der TREND Beirat noch einmal ausdrücklich dieses Konzept bestätigte, weil es politisch richtig ist.  Und deshalb steht auch das Programm am 21./22. Januar 2011 ganz im Zeichen dieser politischen Breite, die von gestandenen AnarchistInnen bis zu eingefleischten MarxistInnen reicht. Diese Veranstaltungstage sind die folgerichtige Weiterführung unserer Erfahrungen mit der TREND-Veranstaltungsreihe "Nieder mit dem Lohnsystem" von April 2010. Im Editorial 5/2010 schrieben wir dazu:

"In unserer Veranstaltung mit Robert Schlosser diskutierten gemeinsam: TrotzkistInnen, MaoIstinnen, undogmatische Linke, Anarcho-SyndikalistInnen, oppositionelle GewerkschafterInnen und internationale KommunistInnen in einer solidarischen Weise, die Robert Schlosser in der Nachbesprechung als außergewöhnlich und von ihm so nicht erwartet charakterisiert wurde."

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Zu einem Jahresrückblick einer Onlinezeitung gehört natürlich auch eine Darstellung und Bewertung der Internetresonanz. Im folgenden werde ich mich auf die in jedem Editorial zusammengefassten Monatszahlen als Datenbasis beschränken. Vorab möchte ich auf allerdings auf einige Aspekte hinweisen, unter denen die zahlenmäßige Entwicklung von TREND auch eingeschätzt werden muss.

Im Hinblick auf die politische Nutzung des Internets laufen signifikante Veränderungen. Das "Bloggen" wird zunehmend zu einer Form der Internetpublikation, die vor allem dadurch geprägt ist, dass dort in erster Linie individuelle Sichtweisen verbreitet werden, die - als solche auch gekennzeichnet - der Tendenz der Beliebigkeit von Standpunkten in der Bewertung der aktuellen Klassenauseinandersetzungen Vorschub leisten. M. E. begünstigt dies einen politischen Autismus, der einem organisierten Diskurs für eine gemeinsame politische Praxis, die über ein Einpunkt-Bündnis hinausgeht, entgegen steht. Trotzdem steht außer Zweifel, dass der eine oder andere Blog von beachtlicher theoretischer und informativer Qualität ist.

Auf der anderen Seiten haben Web-Projekte wie "Die Linke Zeitung" oder  "Scharf-Links" ebenso einen starken Zulauf, da sie sich gezielt am Rande der reformistischen Linkspartei als deren ideologisches Korrektiv aufgestellt haben und dieses Klientel für deren reformistische Praxis mit Nachrichten und Informationen kontinuierlich munitionieren.

Ebenfalls nicht unerwähnt bleiben darf die Tatsache, dass die in einer spezifischen Traditionslinie stehenden Organisationen mit und ohne Parteianspruch, ihrer Internetpräsenz mehr Bedeutung für die eigene  Organisations- und Agit/Prop-Arbeit zu messen, als dies noch vor Jahren der Fall war. Ein gutes Beispiel für eine wirklich rasante Steigerung der NutzerInnenzahlen sind die RF-News (Was wir jedoch nicht wissen, ist wie viele gedruckte Betriebs- und Stadtteilzeitungen stattdessen  eingestellt wurden).

Wir denken, dass wir an alle diese Projekte LeserInnen verloren haben (siehe unten). Doch letztlich ist TREND mit deren Konzepten nicht vergleichbar.  Weder ist TREND einer einzigen politischen Linie verpflichtet, noch will die Zeitung exklusiver Geburtshelfer einer politischen Organisation oder sogar noch ihr Organ sein. Und im Gegensatz zu den tausenden von Blogs ist TREND ein kollektives Produkt, weil die Zeitung durch einen kollektiven Kommunikationsprozess getragen wird. Und sie ist - und das ist ihr Spezifikum -  strömungsübergreifend - vom ersten Tage an.

Schlussendlich sind wir "non-profit" - wir bekommen nichts und wir zahlen auch nichts. Die Onlinezeitung lebt von den vielen AutorInnen, die uns kostenlos ihre Artikel überlassen. Ein  lautes und herzliches Dankeschön von dieser Stelle aus an unsere AutorInnen.

Doch nun zu den "TREND-Zahlen":

Für 2009 meldeten wir: "Trotz starker monatlicher Schwankungen zwischen 69.142 und 104.057  ergab sich eine Jahresgesamtzahl von 941.587 LeserInnen. .... Mit diesen Werten lagen wir im Ranking der deutschen Alternativen Medien wechselnd als Teil vom Infopartisan.net auf Platz 9- 13."

Und so sah es 2010 aus:

1) niedrigster Monat (September): 73.079
2) höchster Monat (Februar): 89.738
3) Jahresgesamtzahl: 894.499 LeserInnen

Das bedeutet einen Verlust von rund  47.000 LeserInnen im Jahr 2010 gegenüber 2009.
(Die mutmaßlichen Gründe: siehe oben).

Beim Alexa-Ranking für deutsche alternative Medien belegten wir als Teil des Infopartisan.net 2010 einen Rang zwischen Platz 10  und 15. Dort standen und stehen wir in enger Konkurrenz mit Linksnet, einem Projekt von über 40 Zeitschriften gefördert und unterstützt von der Rosa-Luxemburg-Stiftung. Der WoZ, einer seit 1982 kommerziell erscheinenden unabhängigen Schweizer Wochenzeitung  und Znet, der deutschsprachigen Ausgabe des linken kommerziellen US-amerikanischen "Z-Magazin".

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*)  Zum Beispiel konnte die angekündigte Kritik durch die TREND-Redaktion an der Schrift "Der kommende Aufstand  bisher noch nicht erstellt werden. Doch aufgeschoben heißt nicht aufgehoben.

**) Siehe dazu die hirnrissige Polemik, die die "FreundInnen der klassenlosen Gesellschaft" auf unser Veranstaltungsangebot hin abgelassen haben.

TREND(s) im Netz - hier die jüngsten Zahlen:

Die BesucherInnenzahlen vom Dezember 2010, in Klammern 2009, 2008

  • Infopartisan gesamt:  127.409  (126.680, 120.606)
  • davon TREND:  80.405  (82.154, 82.580)

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  • 2.041 BesucherInnen verbuchte die Agit 883 Seite.
  • Es wurden 3.012  Ausgaben der Agit 883 aufgerufen
  • 4.152 BesucherInnen besuchten das Rockarchiv
  • 6.022 Seiten wurden im Rockarchiv abgerufen

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